Wenn vom 31. Juli bis 3. August 2025 im baden-württembergischen Emmendingen Trommelklänge, Reggae-Vibes und Afrobeat durch die Luft wehen, versammelt sich dort mehr als ein Musikpublikum: Das African Music Festival feiert sein 25-jähriges Bestehen und ist längst weit mehr als nur ein Open-Air-Event. Es ist ein Ausdruck gelebter Diaspora-Kultur, ein Ort der Begegnung, Reflexion und Repräsentation für tausende afrikanischstämmige Menschen in Deutschland – und darüber hinaus.
Ein Jubiläum mit Bedeutung
Die Geschichte des Festivals reicht zurück bis ins Jahr 2000. Aus einer kleinen Initiative hervorgegangen, hat sich das Event über ein Vierteljahrhundert zu einer festen Größe im interkulturellen Kalender Süddeutschlands entwickelt. Die 25. Ausgabe im Jahr 2025 steht unter dem Motto „Music Unites“ – und genau darin liegt seine Kraft: Musik als Brücke zwischen Kulturen, Generationen und Identitäten.
Veranstaltet von einem gemeinnützigen Verein und getragen von 120 bis 150 Freiwilligen, bleibt das Festival seinen Wurzeln treu: kein Kommerz, keine Mainstream-Agenda, sondern Vielfalt, Austausch und Inklusion. Die lokale Politik unterstützt das Event – trotz knapper Kulturetats – mit steigenden Zuschüssen. Ein Zeichen, wie sehr kulturelles Engagement im regionalen Kontext wertgeschätzt wird.
Line-Up 2025: Transkontinentale Klangvielfalt
Musikalisch bleibt Emmendingen seinem internationalen Anspruch treu: Für 2025 sind hochkarätige Acts aus mehreren afrikanischen Ländern und der globalen Diaspora bestätigt.
Höhepunkte des Programms
- Stonebwoy (Ghana): Superstar des Afrobeats und Dancehall, Headliner am Samstag
- Gangbé Brass Band (Benin): Westafrikanischer Brass-Sound, verbindet Tradition und Moderne
- Iteka Drummers (Burundi/Ruanda): Mitreißende Perkussionsshows
- Samora (Surinam): Tanzbarer Mix aus Reggae, Soul und karibischer Energie
- Gentleman (Deutschland): Ein Bindeglied zwischen Kontinenten mit Reggae aus Köln
- Marley’s Ghost feat. Dellé (SEEED): Bob Marley Tribute als Brückenschlag zwischen Musik und Erinnerung
Ergänzt wird das musikalische Angebot durch eine Vielzahl von Workshops (z. B. Trommeln, Afro-Dance), eine Modenschau junger Designerinnen aus Afrika und der Diaspora, einen Weltbasar sowie ein ökumenischer Gottesdienst. Dieses Rahmenprogramm verankert das Festival in einer ganzheitlichen Perspektive: Kunst trifft Spiritualität, Gemeinschaft trifft Konsumkritik, Heimat trifft Fremdheit.
Ein Spiegel der afrikanischen Diaspora in Deutschland
Für viele Menschen mit afrikanischen Wurzeln in Deutschland ist das African Music Festival mehr als Unterhaltung – es ist ein Ort der Selbstvergewisserung. Insbesondere für jüngere Generationen mit Migrationsgeschichte spielt kulturelle Sichtbarkeit eine zentrale Rolle für Identitätsbildung und gesellschaftliche Teilhabe.
„Das Festival ist wie ein Stück Zuhause, das man für ein Wochenende wieder spüren kann – mitten in Deutschland.“
Durch die Herkunft der Künstler*innen werden gezielt Communities angesprochen, die in Deutschland besonders aktiv sind – darunter Menschen mit familiären Wurzeln in Ghana, Benin, Ruanda, Burundi, Surinam und der Karibik. In ihrer Mischung aus traditionellen Ausdrucksformen und modernen Stilen spiegeln sie die hybriden Lebensrealitäten vieler Migrant*innen wider.
Internationale Vorbilder und regionale Besonderheiten
Im Vergleich zu internationalen Formaten wie dem Africa Oyé Festival (Liverpool) oder Afro Nation (Portugal) nimmt Emmendingen eine Zwischenposition ein. Es ist nicht so massenwirksam wie die professionellen Großevents, behält aber dadurch seine Authentizität. Das betonen auch viele Community-Mitglieder: Hier gehe es nicht um Glamour, sondern um Begegnung.
Vergleichstabelle: Emmendingen und internationale Festivals
Festival | Ort | Besucherzahl | Schwerpunkt |
---|---|---|---|
Africa Oyé | Liverpool (UK) | ca. 50.000 | Community, Well-Being, Bildung |
Afro Nation | Portugal, Nigeria, USA | bis 40.000 täglich | Professionelles Line-Up, Mainstream-Afrobeat |
African Music Festival | Emmendingen (D) | rund 5.000–8.000 | Diaspora-Dialog, interkulturelle Integration |
Gerade durch seine überschaubare Größe gelingt es dem Festival, eine familiäre Atmosphäre zu schaffen. Das Festival ist ein Ort, an dem Begegnung mit Offenheit geschieht – ob bei kulinarischen Spezialitäten, im Gespräch am Basar oder im interreligiösen Gottesdienst.
Chancen und Herausforderungen für die Zukunft
Mit seinem 25. Jubiläum steht das African Music Festival an einem Wendepunkt. Die wachsende Popularität und steigende Besucherzahlen bringen auch Herausforderungen mit sich. Die Finanzierung über ehrenamtliche Arbeit und kommunale Zuschüsse ist langfristig nicht gesichert. Gleichzeitig verlangen größere Veranstaltungen nach professionelleren Strukturen, ohne dabei den familiären Charakter zu verlieren.
Stärken
- Starke Community-Bindung durch authentisches Programm
- Positive Einbindung von Migrant*innen-Communities
- Langfristige gesellschaftliche Relevanz durch kulturelle Bildung
Herausforderungen
- Finanzierungssicherheit und Künstlergagen
- Professionalisierung bei Erhalt des gemeinnützigen Charakters
- Digitale Reichweite ausbauen (Social Media, Influencer-Marketing)
Ein Ausbau digitaler Formate – etwa durch gezieltere Instagram-Kampagnen oder durch Kooperation mit afrikanischen Influencer*innen – könnte helfen, die junge Diaspora besser zu erreichen. Auch eine gezielte Ansprache von Förderprogrammen zur kulturellen Teilhabe kann neue Ressourcen erschließen.
Politik, Religion und Gesellschaft
Besonders hervorzuheben ist der integrative Charakter des Festivals. Der ökumenische Gottesdienst – mit Beteiligung christlicher, muslimischer und jüdischer Stimmen – setzt ein starkes Zeichen für den Zusammenhalt in Vielfalt. Gerade vor dem Hintergrund internationaler Krisen (wie Israel-Palästina) zeigt sich hier, wie Kunst und Glaube gemeinsam wirken können.
Die kommunale Politik unterstützt das Festival nicht nur finanziell, sondern auch ideell. So wurde es in verschiedenen Landtagsreden als Beispiel für gelungene Integration und kulturelle Bildung hervorgehoben. Es steht damit exemplarisch für das, was Kulturpolitik im Kleinen erreichen kann – jenseits urbaner Großbühnen.
Fazit: Ein Leuchtturm der afrikanischen Kultur in Deutschland
Das African Music Festival Emmendingen 2025 ist kein gewöhnliches Event. Es ist eine Plattform für kulturellen Dialog, ein Ausdruck gelebter Vielfalt und ein Begegnungsort für tausende Menschen, deren Biografien zwischen Kontinenten verlaufen. Musik ist dabei das verbindende Element – sie spricht über Grenzen hinweg und macht Identität sichtbar.
Im 25. Jahr seines Bestehens gelingt dem Festival der Spagat zwischen Tradition und Zukunft. Wer Emmendingen besucht, erlebt keine Show, sondern ein lebendiges Stück kultureller Realität in Deutschland. Und genau das macht dieses Festival so besonders.