Die Subsahara-Afrika Initiative der Deutschen Wirtschaft (SAFRI) ist ein bedeutender Akteur im wirtschaftlichen Austausch zwischen Deutschland und den Ländern südlich der Sahara.
Angesichts geopolitischer Umbrüche, globaler Krisen und wachsender Herausforderungen in Lieferketten gewinnt der afrikanische Kontinent zunehmend an strategischer Relevanz für deutsche Unternehmen. SAFRI agiert als Brückenbauer, Interessenvertreter und Impulsgeber – und steht zugleich im Spannungsfeld zwischen politischen Zielsetzungen und wirtschaftlicher Realität.
Was ist SAFRI?
SAFRI wurde als gemeinsames Projekt führender deutscher Wirtschaftsverbände ins Leben gerufen: dem Afrika-Verein der deutschen Wirtschaft (AV), dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), dem Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) und dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK). Die Initiative versteht sich als zentrale Plattform zur Förderung wirtschaftlicher Beziehungen zwischen Deutschland und den Staaten Subsahara-Afrikas.
Im Zentrum der Arbeit steht die Unterstützung deutscher Unternehmen – insbesondere des Mittelstands – beim Aufbau nachhaltiger Partnerschaften auf dem afrikanischen Kontinent. SAFRI setzt dabei auf Dialog, Delegationsreisen, Konferenzen und Beratung zu rechtlichen, wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen.
Ziele und Aufgaben der Initiative
SAFRI verfolgt das Ziel, Afrika nicht als Krisenregion, sondern als Chancenkontinent sichtbar zu machen. Durch gezielte Maßnahmen will die Initiative:
- den Markteintritt deutscher Unternehmen erleichtern,
- Investitionshemmnisse abbauen,
- lokale Wertschöpfung fördern,
- die berufliche Bildung stärken,
- und nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung auf Augenhöhe ermöglichen.
Dabei agiert SAFRI nicht nur als wirtschaftlicher Impulsgeber, sondern auch als politischer Ratgeber. In strategischen Dialogen mit Bundesministerien bringt SAFRI konkrete Handlungsempfehlungen ein – etwa zur Umsetzung der neuen Afrika-Strategie der Bundesregierung.
Aktuelle Entwicklungen und Schwerpunkte
1. German-African Business Summit (GABS)
Der im Dezember 2024 in Nairobi abgehaltene German-African Business Summit war mit über 800 Teilnehmenden aus Wirtschaft und Politik ein zentrales Forum für den bilateralen Austausch. SAFRI organisierte vor Ort zahlreiche Panels und bilaterale Treffen. Der Fokus lag auf nachhaltiger Industrialisierung, Start-up-Förderung und regionaler Integration.
2. Investitionsneigung deutscher Unternehmen
Eine Sonderauswertung des AHK World Business Outlook vom Herbst 2024 ergab, dass 34 % der befragten deutschen Unternehmen mit Standorten in Subsahara-Afrika ihre Geschäftslage als gut einschätzen. Rund ein Drittel plant zusätzliche Investitionen – bevorzugt in Kenia, Nigeria und Südafrika.
3. Chancen durch die Afrikanische Freihandelszone
Die African Continental Free Trade Area (AfCFTA) wird von vielen Unternehmen als Wachstumschance gesehen. Etwa 52 % erwarten, durch die neuen Rahmenbedingungen ihre Wettbewerbsfähigkeit zu steigern. SAFRI begleitet diesen Prozess eng und informiert Unternehmen über regionale Handelsabkommen, Zölle und Infrastrukturprojekte.
4. Neues Mehrjahresaktionsprogramm 2025–2027
Im Rahmen des neuen EU-Programms für Subsahara-Afrika werden 672,4 Millionen Euro für wirtschaftliche Entwicklung bereitgestellt. SAFRI arbeitet eng mit europäischen Partnern zusammen, um Synergien zwischen nationaler und europäischer Wirtschaftspolitik zu schaffen.
Erweiterte Perspektiven: Innovation, Start-ups und neue Partnerschaften
1. Förderung afrikanischer Start-ups
SAFRI beteiligt sich an diversen Formaten zur Förderung von Innovation und Unternehmertum. Gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) und dem African Business Angel Network (ABAN) werden Maßnahmen entwickelt, um afrikanische Start-ups mit deutschem Kapital, Wissen und Netzwerk zu verbinden. Auf der Hamburg Sustainability Conference 2025 wurden neue Ansätze einer nachhaltigen Gründungsförderung diskutiert.
2. Neue Führungsstruktur
Seit Oktober 2023 leitet Thomas Schäfer, Vorstandsmitglied der Volkswagen AG, die SAFRI-Initiative. Die Ernennung gilt als Signal für eine stärkere Verankerung der Industrie im Afrika-Engagement. Gerade im Automobilsektor eröffnen sich Perspektiven durch Montagewerke, Zulieferkooperationen und E-Mobilität.
Herausforderungen im praktischen Alltag
So ambitioniert die Ziele von SAFRI auch sind – die praktische Umsetzung steht vor zahlreichen Hürden. Zu den häufigsten Herausforderungen zählen:
- komplexe bürokratische Strukturen in vielen Zielländern,
- unzureichende Rechtssicherheit,
- politische Instabilität, insbesondere in der Sahelregion,
- fehlende Infrastruktur in entlegenen Regionen,
- Diskrepanzen in Risikobewertung und Kreditvergabe.
Ein wesentliches Problem stellen die Kreditratings dar, die afrikanische Staaten auf internationalen Kapitalmärkten schlechter stellen als vergleichbare Schwellenländer in anderen Regionen. Diese oft subjektiven Bewertungen führen zu höheren Zinssätzen und erschweren Investitionen – ein Umstand, den SAFRI öffentlich thematisiert.
Geopolitische Spannungen und Sicherheitslage
Die Bildung einer Sahel-Konföderation durch Mali, Burkina Faso und Niger hat neue Unsicherheiten erzeugt. Der Rückzug internationaler Truppen, zunehmende Einflussversuche anderer Akteure (z. B. Russland, Türkei, China) und der Vertrauensverlust gegenüber westlichen Partnern erschweren langfristige Kooperationen. SAFRI beobachtet diese Entwicklungen aufmerksam, setzt jedoch bewusst auf wirtschaftliche Anknüpfungspunkte und nicht auf politische Intervention.
Kritik und Gegenpositionen
1. Kritik an fossilen Energieprojekten
Trotz eines erklärten Fokus auf Nachhaltigkeit wird Deutschland dafür kritisiert, in Afrika weiterhin fossile Energieprojekte zu fördern. Organisationen wie Power Shift Africa und afrikanische Umweltaktivisten fordern ein Umdenken hin zu einer gerechten Energiewende, bei der Afrika nicht erneut in eine Rolle als Rohstofflieferant gedrängt wird.
2. Paternalismus-Vorwürfe
Immer wieder wird die deutsche Afrikapolitik – und damit auch SAFRI – mit dem Vorwurf des Paternalismus konfrontiert. Es mangele an echter Augenhöhe. Wirtschaftliche Entwicklung könne nicht durch deutsche Vorgaben, sondern nur durch afrikanische Eigeninitiative gelingen. SAFRI reagiert darauf mit dem Ausbau afrikanischer Netzwerke und der Förderung lokal geführter Projekte.
3. Aufarbeitung der Kolonialvergangenheit
Ein Aspekt, der in wirtschaftlichen Initiativen lange vernachlässigt wurde, ist die Aufarbeitung der kolonialen Vergangenheit. Auf dem Afrikatag 2025 forderte Bundesministerin Reem Alabali-Radovan mehr Mut zur Erinnerung. Wirtschaftliche Kooperation brauche historisches Bewusstsein, um Vertrauen aufzubauen. Auch SAFRI positioniert sich zunehmend reflektiert zu dieser Thematik.
SAFRI als Chance für den Mittelstand
Ein bedeutender Aspekt der Initiative ist die gezielte Unterstützung kleiner und mittlerer Unternehmen. Gerade für diese Zielgruppe ist der Zugang zu Informationen, Kontakten und Finanzierungsmöglichkeiten entscheidend. SAFRI bietet daher:
- Informationsveranstaltungen mit Länderfokus,
- Delegationsreisen zu wirtschaftlich stabilen Regionen,
- Vernetzung mit lokalen Handelskammern,
- Beratung zu Finanzierungsmodellen und Exportabsicherung.
Allerdings fordern viele Mittelständler eine stärkere Fokussierung auf praktische Hilfe statt politisch geprägter Großveranstaltungen. Die Wirksamkeit von SAFRI hängt daher maßgeblich davon ab, wie konsequent die Umsetzung an den Bedürfnissen der Unternehmen ausgerichtet wird.
Fazit: SAFRI zwischen Anspruch und Wirklichkeit
SAFRI steht für einen ambitionierten Versuch, die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und Subsahara-Afrika neu zu denken. Die Initiative verbindet politische Strategie mit konkreter Wirtschaftsförderung, steht aber zugleich unter dem Druck wachsender Erwartungen und komplexer Rahmenbedingungen.
Die nächsten Jahre werden zeigen, ob es gelingt, SAFRI zu einem wirkungsvollen Instrument für partnerschaftliche Entwicklung und nachhaltiges Wachstum zu machen. Der Erfolg hängt nicht zuletzt davon ab, wie ernsthaft die deutsche Wirtschaft bereit ist, neue Wege zu gehen – und ob sie den afrikanischen Kontinent als gleichwertigen Partner und nicht nur als Absatzmarkt betrachtet.