Deutschland baut seine Rolle als globaler Partner für den Klimaschutz aus und investiert massiv in erneuerbare Energien in Afrika. Während Solarparks, Windkraftanlagen und Wasserstoffprojekte entstehen, fordern lokale Akteure mehr Beteiligung und gerechtere Strukturen. Zwischen ambitionierten Zielen, milliardenschweren Finanzierungen und kritischen Stimmen zeichnet sich ein facettenreiches Bild ab.
Deutschland setzt auf erneuerbare Energien in Afrika
Ein Milliardenpaket für den Kontinent
Deutschland hat in den vergangenen Jahren seine Klimafinanzierung stark ausgeweitet. 2024 stellte die Bundesregierung rund 11,8 Milliarden Euro für internationale Klimaprojekte bereit, wovon ein beträchtlicher Teil nach Afrika fließt. Ziel ist es, den Ausbau erneuerbarer Energien, Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel sowie nachhaltige Landwirtschaft und Waldschutz zu fördern. Bis 2030 sollen allein für nachhaltige Energieprojekte in Afrika bis zu 4 Milliarden Euro bereitgestellt werden.
Die strategische Bedeutung Afrikas
Warum richtet sich der Blick so stark auf Afrika? Zum einen leben hier rund 600 Millionen Menschen ohne Zugang zu Elektrizität, insbesondere in Subsahara-Afrika. Zum anderen bietet der Kontinent hervorragende natürliche Bedingungen: Sonnenstunden im Überfluss, Windkraftpotenziale an den Küsten und große Flächen für Solar- und Windparks. Für Deutschland ist Afrika zudem ein zentraler Partner im künftigen Import von grünem Wasserstoff, der für die eigene Energiewende eine Schlüsselrolle spielt.
Konkrete Projekte deutscher Unternehmen
Solarstrom für Südafrika
Ein Beispiel für deutsche Investitionen ist das Engagement des Projektentwicklers JUWI in Südafrika. 2025 sollen mehrere Solarprojekte mit einer Gesamtkapazität von 340 Megawatt ans Netz gehen. Die Anlagen erzeugen jährlich über eine Million Megawattstunden sauberen Strom – genug, um rund 200.000 Haushalte zu versorgen. Zusätzlich wird eine Einsparung von fast einer Million Tonnen CO₂ pro Jahr erwartet. Während der Bauphase entstehen mehr als 2.000 Arbeitsplätze, was auch die lokale Wirtschaft stärkt.
VIDA: Grüne Energie für ländliche Regionen
Ein weiteres Projekt ist VIDA, das in Nigeria, Äthiopien und der Demokratischen Republik Kongo aktiv ist. Mit Unterstützung deutscher Entwicklungsorganisationen wurden bereits rund 5.000 Haushalte mit erneuerbarem Strom versorgt. Das Projekt verbindet technische Lösungen mit Bildungsprogrammen: Sechs lokale Institutionen erhielten Schulungen, und es entstanden 46 neue Arbeitsplätze. VIDA zeigt, dass Investitionen nicht nur ökologisch wirken, sondern auch soziale und wirtschaftliche Impulse setzen können.
Grüner Wasserstoff in Namibia
Besondere Aufmerksamkeit gilt den Wasserstoffprojekten in Namibia. Dank optimaler Bedingungen aus Sonne und Wind soll hier grüner Wasserstoff produziert werden. Dieser kann zu Ammoniak weiterverarbeitet und nach Europa exportiert werden. Deutschland unterstützt diese Vorhaben mit technischer Zusammenarbeit und Finanzierungsmodellen. Allerdings ist das Thema nicht frei von Konflikten. Indigene Gruppen wie die Nama äußerten Kritik an Landnutzungsfragen. Hinzu kommt, dass der Energiekonzern RWE kürzlich aus einem milliardenschweren Wasserstoffprojekt ausstieg, was die Unsicherheiten in der Branche verdeutlicht.
Europäische Initiativen und internationale Kooperationen
Global Gateway und Team Europe
Neben Deutschland engagiert sich auch die Europäische Union stark in Afrika. Über die „Global Gateway“-Initiative stellt die EU bis 2027 rund 150 Milliarden Euro für Infrastrukturprojekte bereit, wovon ein erheblicher Anteil in Energie fließt. Ergänzend startete die EU gemeinsam mit Südafrika die Initiative „Scaling Up Renewables in Africa“. Ein Team-Europe-Paket von 545 Millionen Euro soll grenzüberschreitende Stromprojekte und die Modernisierung von Netzen unterstützen.
Weltbank und Afrikanische Entwicklungsbank
Internationale Finanzinstitute wie die Weltbank und die Afrikanische Entwicklungsbank spielen ebenfalls eine tragende Rolle. Mit Programmen wie „Mission 300“ wollen sie Investitionen in den Ausbau von erneuerbaren Energien bündeln. Dabei geht es nicht nur um große Solarfelder oder Windparks, sondern auch um Mini-Grids, die ländliche Regionen direkt versorgen können. Für viele Dörfer ohne Anschluss an nationale Stromnetze sind solche dezentralen Lösungen entscheidend.
Ungleichheiten und Herausforderungen
Disparitäten zwischen den Regionen
Ein Blick auf die Verteilung der Investitionen zeigt große Unterschiede. Laut Internationaler Energieagentur fließen mehr als 45 Prozent der Investitionen in Südafrika und Nordafrika, obwohl dort weniger als ein Fünftel der afrikanischen Bevölkerung lebt. Subsahara-Afrika hingegen bleibt unterfinanziert und leidet weiterhin unter instabiler Stromversorgung. Kritiker fordern daher eine stärkere Balance und gezielte Investitionen in besonders benachteiligte Regionen.
Technische Hürden: Wasser und Infrastruktur
Bei Wasserstoffprojekten ergibt sich eine besondere Herausforderung: Für die Elektrolyse wird viel Wasser benötigt. In wasserarmen Regionen müssen Entsalzungsanlagen gebaut werden, was die Kosten erhöht. Eine Studie kommt zwar zu dem Ergebnis, dass die Mehrkosten moderat sind, doch zeigt sich, dass Infrastrukturfragen wie Wasserzugang, Netzanbindung und Transport entscheidende Faktoren für den Erfolg sind.
Soziale Akzeptanz und gerechte Partnerschaften
Nicht nur Technik und Finanzen entscheiden über Erfolg oder Misserfolg. Afrikanische und deutsche NGOs kritisieren, dass Projekte oft zu stark aus europäischer Perspektive geplant werden. Sie fordern „gerechtere Partnerschaften“ und eine stärkere Einbindung der lokalen Bevölkerung. Beim German-African Energy Forum äußerten afrikanische Vertreter den Wunsch nach mehr Zeit, Raum und Finanzierung für eigene Entwicklungswege. Ein Zitat eines Teilnehmers lautete: „Wir brauchen geduldige Partnerschaften statt überstürzter Lösungen.“
Potenziale und Visionen
Supergrid zwischen Afrika und Europa
Ein langfristiges Konzept ist das sogenannte Supergrid, das Nordafrika und Europa über Hochspannungsleitungen verbinden soll. Damit könnte erneuerbare Energie über weite Distanzen transportiert werden. Studien zeigen, dass solche Projekte technisch machbar sind und eine stabile, klimafreundliche Energieversorgung in Europa sichern könnten. Noch ist das Konzept Zukunftsmusik, doch es verdeutlicht das Potenzial Afrikas als „Energiequelle des 21. Jahrhunderts“.
Hybridprojekte für mehr Stabilität
In Südafrika entsteht mit der Oya Hybrid Power Station ein Vorzeigeprojekt: Es kombiniert Solar-, Wind- und Batteriespeichertechnologie. Solche Hybridlösungen gelten als Schlüssel, um Schwankungen erneuerbarer Energie auszugleichen und eine stabile Stromversorgung zu gewährleisten. Gleichzeitig entstehen durch den Aufbau solcher Anlagen neue Arbeitsplätze und Chancen für lokale Unternehmen.
Vision: Afrika als Energieexporteur
In Foren und sozialen Medien wird diskutiert, dass Afrika theoretisch das tausendfache seines Energiebedarfs durch Solarenergie decken könnte. Die Realität sieht noch anders aus, doch die Potenziale sind enorm. Mit gezielten Investitionen, guter Regierungsführung und internationaler Kooperation könnte der Kontinent nicht nur seinen eigenen Bedarf decken, sondern auch Energie nach Europa exportieren.
Nutzerfragen zum Thema
Wie stark investiert Deutschland aktuell in erneuerbare Energieprojekte in Afrika?
Deutschland investiert bis 2030 rund 4 Milliarden Euro in nachhaltige Energieprojekte in Afrika. Schon jetzt fließen jährlich Milliardenbeträge in Solar-, Wind- und Wasserstoffprojekte, die sowohl der Energieversorgung vor Ort dienen als auch die deutsche Energiewende unterstützen.
Welche Länder in Afrika profitieren bisher am meisten von deutschen Energiekooperationen?
Bisher profitieren vor allem Südafrika, Namibia, Nigeria, Äthiopien und die Demokratische Republik Kongo von deutschen Kooperationen. Diese Länder verfügen entweder über gute natürliche Voraussetzungen oder bestehende Strukturen, die den Ausbau erneuerbarer Energien erleichtern.
Wie hoch ist der Elektrizitätszugang in ländlichen Regionen Subsahara-Afrikas?
In ländlichen Regionen Subsahara-Afrikas haben nach Schätzungen rund 72 Prozent der Bevölkerung keinen Zugang zu moderner Elektrizität. Projekte wie VIDA oder der Ausbau von Mini-Grids sollen dazu beitragen, diese Versorgungslücke Schritt für Schritt zu schließen.
Welches Potenzial hat grüner Wasserstoff in Afrika für Deutschland als Importquelle?
Das Potenzial ist gewaltig. Länder wie Mauretanien könnten Wasserstoff bereits ab etwa 1,60 Euro pro Kilogramm produzieren. Studien sprechen von einem theoretischen jährlichen Potenzial von über 250 Terawattstunden. Allerdings bremsen Infrastrukturmängel und soziale Fragen die schnelle Umsetzung.
Welche Kritik kommt von NGOs gegenüber deutschen Energieprojekten in Afrika?
NGOs kritisieren, dass viele Projekte einseitig geplant sind und zu wenig Rücksicht auf die Bedürfnisse der lokalen Bevölkerung nehmen. Sie fordern gerechtere Partnerschaften, mehr Transparenz und eine stärkere Teilhabe vor Ort. Damit soll verhindert werden, dass erneuerbare Energie zwar exportiert, die lokale Bevölkerung aber weiterhin ohne Strom bleibt.
Ausblick
Die Zukunft deutsch-afrikanischer Energiekooperation
Die deutschen Investitionen in Afrikas erneuerbare Energien sind mehr als nur ein wirtschaftliches Engagement. Sie sind Teil einer globalen Verantwortung im Klimaschutz und bieten die Chance, einen Kontinent mit enormem Potenzial auf nachhaltige Weise zu stärken. Die Projekte schaffen neue Energiequellen, reduzieren CO₂-Emissionen und eröffnen wirtschaftliche Perspektiven. Gleichzeitig wird deutlich, dass Herausforderungen wie regionale Ungleichheiten, soziale Akzeptanz und technische Infrastruktur nicht ignoriert werden dürfen. Der Erfolg hängt davon ab, ob es gelingt, gerechte, langfristige Partnerschaften zu schaffen, die die Menschen vor Ort einbeziehen und Afrika nicht nur als Rohstofflieferanten, sondern als gleichwertigen Partner betrachten. Die kommenden Jahre werden zeigen, ob aus ambitionierten Plänen ein dauerhaft tragfähiges Modell für eine grüne Zukunft entsteht.