In Schleswig-Holstein formiert sich eine neue Generation von Migrant*innenorganisationen, die aktiv zur Stärkung der Demokratie beitragen. Insbesondere das Landesnetzwerk LaNeMo SH (Landesnetzwerk von und für Migrant*innenorganisationen in Schleswig-Holstein) hat sich als zentrale Plattform etabliert, um die politische Teilhabe und Sichtbarkeit von Menschen mit Migrationsgeschichte zu fördern. Durch gezielte Vernetzung, Empowerment und Öffentlichkeitsarbeit setzt sich LaNeMo SH für eine inklusive Gesellschaft ein.
Ein bedeutendes Ereignis in diesem Kontext war die dritte Landeskonferenz von LaNeMo SH am 20. März 2025 unter dem Motto „Tatkraft statt Ohnmacht“. Im Rahmen der Internationalen Wochen gegen Rassismus diskutierten Vertreter*innen aus Politik, Zivilgesellschaft und migrantischen Communities über Strategien zur Stärkung der Selbstorganisation als Antwort auf das Erstarken rechtspopulistischer Strömungen. Die Konferenz betonte die Notwendigkeit, migrantische Stimmen in politischen Entscheidungsprozessen stärker zu berücksichtigen und rassistischen Tendenzen aktiv entgegenzutreten.
Ein zentrales Anliegen von LaNeMo SH ist es, die Handlungsfähigkeit von Migrant*innenorganisationen durch langfristige Strukturförderung zu stärken. Dies umfasst die Bereitstellung von Ressourcen für Bildungsangebote, kulturelle Veranstaltungen und politische Bildungsarbeit. Zudem wird der Aufbau von lokalen Netzwerken gefördert, um den Austausch zwischen verschiedenen Organisationen zu intensivieren und gemeinsame Projekte zu initiieren.
Die Aktivitäten von LaNeMo SH zeigen, dass Migrant*innenorganisationen nicht nur wichtige Anlaufstellen für ihre Communities sind, sondern auch als demokratische Akteure im gesellschaftlichen Diskurs wirken. Durch ihr Engagement leisten sie einen wertvollen Beitrag zur Stärkung der Zivilgesellschaft und zur Förderung eines vielfältigen und inklusiven Gemeinwesens in Schleswig-Holstein.
Politische Bildung als Schlüssel zur Teilhabe
Ein besonders wirksames Mittel zur langfristigen Integration und politischen Teilhabe stellt die politische Bildung dar. Viele Migrant*innenorganisationen in Schleswig-Holstein bieten inzwischen zielgerichtete Workshops, Seminare und Diskussionsformate an, die sich mit Themen wie Demokratieverständnis, Grundrechte, Medienkompetenz und Partizipationsmöglichkeiten beschäftigen. Diese Bildungsangebote sind oft mehrsprachig und berücksichtigen die kulturellen Kontexte der Teilnehmenden, was sie besonders niederschwellig und wirksam macht.
Ein Beispiel für ein solches Projekt ist das Fortbildungsprogramm „Demokratie braucht dich“, das sich an Jugendliche mit Migrationsbiografie richtet und in Schulen sowie Jugendzentren durchgeführt wird. Dort erfahren die Teilnehmenden nicht nur, wie politische Entscheidungsprozesse ablaufen, sondern auch, wie sie sich aktiv einbringen können – etwa durch Schülervertretungen, Jugendräte oder Petitionen. Die Organisator*innen betonen, dass es nicht nur darum geht, Informationen zu vermitteln, sondern auch darum, Selbstwirksamkeit zu fördern und Vertrauen in staatliche Institutionen aufzubauen.
Diese Programme tragen nachweislich dazu bei, Vorurteile abzubauen und eine zu fördern, in der Menschen unabhängig von Herkunft, Sprache oder Status Verantwortung übernehmen. Sie schaffen Räume, in denen demokratische Werte nicht nur gelehrt, sondern auch gelebt werden – ein entscheidender Faktor für den gesellschaftlichen Zusammenhalt in einem vielfältigen Bundesland wie Schleswig-Holstein.
Vernetzung zwischen ländlichen und urbanen Räumen
Eine besondere Herausforderung für die Arbeit von Migrant*innenorganisationen stellt die ungleiche Verteilung von Ressourcen zwischen urbanen Zentren und ländlichen Regionen dar. Während in Städten wie Kiel, Lübeck oder Flensburg eine relativ dichte Infrastruktur und Vernetzungsmöglichkeiten bestehen, sind migrantische Strukturen in kleineren Gemeinden oft unterrepräsentiert. LaNeMo SH reagiert auf diese Situation mit gezielten Initiativen zur Vernetzung zwischen Stadt und Land.
Dabei geht es unter anderem um den Aufbau von sogenannten „Mobilen Anlaufstellen“, bei denen Teams regelmäßig ländliche Regionen besuchen, um vor Ort Beratungen, Workshops und Netzwerktreffen anzubieten. Diese mobilen Formate bieten einen direkten Zugang zu Communitys, die sonst kaum in den öffentlichen Diskurs eingebunden sind. Ziel ist es, Chancengleichheit zu schaffen und auch in abgelegenen Regionen gesellschaftliche Teilhabe zu ermöglichen.
Darüber hinaus werden gezielt lokale Multiplikator*innen ausgebildet, die als Brückenbauer*innen zwischen den Communities und kommunalen Strukturen wirken. Sie übernehmen die Rolle von Kulturmittler*innen, fördern den Austausch und helfen dabei, Missverständnisse oder Vorurteile auf beiden Seiten zu reduzieren. Dieses dezentrale Netzwerk stärkt nicht nur die Organisationen selbst, sondern wirkt auch in die Gesamtgesellschaft hinein – ein nachhaltiger Beitrag zur Demokratisierung auf lokaler Ebene.
Wirkung auf Landes- und Bundespolitik
Der wachsende Einfluss von Migrant*innenorganisationen bleibt auch auf der politischen Ebene nicht unbemerkt. In Schleswig-Holstein wurde im März 2025 eine Resolution im Landtag verabschiedet, die ausdrücklich die Rolle migrantischer Akteur*innen in der Demokratieförderung würdigt und weitere Unterstützung zusichert. Auch bundespolitisch gewinnt das Thema an Bedeutung: Die Bundesregierung arbeitet aktuell an einer Strategie zur strukturellen Förderung von Migrant*innenorganisationen, deren Ergebnisse noch in diesem Jahr vorgestellt werden sollen.
„Die demokratische Resilienz unseres Landes hängt maßgeblich davon ab, ob sich alle gesellschaftlichen Gruppen gleichberechtigt einbringen können“, erklärte eine Sprecherin des Bundesfamilienministeriums. Diese Aussage unterstreicht, dass es bei der Förderung nicht um Symbolpolitik, sondern um eine echte Teilhabe an Entscheidungsprozessen geht. LaNeMo SH wird in diesem Zusammenhang bereits als Best-Practice-Modell gehandelt – sowohl für seine verbindende Wirkung als auch für seine klaren Strukturen und Evaluationsansätze.
Besonders hervorgehoben wird die Fähigkeit des Netzwerks, auf aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen flexibel zu reagieren – etwa bei der politischen Bildung in Wahlkampfzeiten, dem Umgang mit Desinformation oder dem Aufbau von Schutzstrukturen gegen rassistische Gewalt. Die Arbeit migrantischer Organisationen verändert zunehmend das Bild von Integration: Weg von der Anpassung – hin zur aktiven Mitgestaltung einer gemeinsamen demokratischen Zukunft.